Das Kriegerdenkmal

vom Ortschronisten Achim Berger

Frieden ist besser als Krieg – das Kriegerdenkmal von Bieberstein

Den Vorspann in der Überschrift habe ich der „Messe für den Frieden“ von dem Engländer Karl Jenkins entnommen, die kürzlich vom ökumenischen Chor in der Kirche meines jetzigen Wohnortes eindrucksvoll mit Bildern aus vergangenen Kriegen  vorgetragen wurde. Kriege sind immer nichts Gutes, wenn man auch mit der Inschrift am Kriegerdenkmal von Bieberstein: „ Dem Andenken ihrer im Weltkrieg gebliebenen Helden 1914 – 1918“ den Einsatz fürs Vaterland nachträglich glorifizieren wollte. Unsere Generation und unsere Kinder und Enkel haben das Glück, dass wir  in Deutschland seit über 70 Jahren von Kriegen verschont geblieben sind. Über 70 Jahre vor 1945 hat die deutsche Bevölkerung dagegen unter drei Kriegen gelitten und Opfer gebracht verbunden mit vielen menschlichen Verlusten: im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und im Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Das Jahr 2018 erinnert nicht nur an 800 Jahre urkundlicher Ersterwähnungen von Orten in unserer Region wie sie im Juni feierlich in Bieberstein, Freiberg und Frauenstein begangen wurden1, sondern es  erinnert uns auch an den Beginn des Dreißigjährigen Krieges vor 400 Jahren und an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Der Dreißigjährige Krieg brachte auch in unserer Gegend Verwüstungen, Plünderungen und Tod insbesondere während der schwedischen Belagerung von Freiberg 1642/43, wobei Freiberg bekanntlich von den schwedischen Truppen nicht eingenommen  werden konnte, woran das Schwedendenkmal erinnert. Umso mehr hat aber das Umland leiden müssen. Nach Einschätzung von Historikern sind in diesem Krieg etwa 40 Prozent der Landbevölkerung umgekommen durch kriegerische Handlungen, Seuchen und Hunger. Neben den menschlichen Verlusten gab es aber auch Zerstörungen und Verwüstungen. So sind in Bieberstein die Kirchenbücher und alle anderen historischen Aufzeichnungen vor 1644 vernichtet worden. Zur Kirche lesen wir in einem Vermerk 1648 im Standesregister , dass das Kirchengestühl „ganz ruinieret und verbrannt“ worden war und erneuert werden musste. Noch größere Zerstörungen werden von Reinsberg und Dittmannsdorf vermeldet.

Wenn es auch in den genannten drei letzten Kriegen in unserer Gegend nicht zu unmittelbaren Zerstörungen kam, so sind doch viele menschliche Opfer zu beklagen und es sind zu deren Gedenken in unseren Ortschaften Denkmale oder Erinnerungstafeln errichtet worden. Für der Kirchgemeinde Bieberstein, mit den Gemeindeteilen Bieberstein, Burkersdorf, Gotthelffriedrichsgrund und Hohentanne, werden  am Kriegerdenkmal 48 Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges genannt, darunter vier Lehrer und vier Brüderpaare.  Im Krieg 1870/71 gab es glücklicherweise in der Gemeinde keine Opfer und deshalb im Vergleich zu Neukirchen auch kein Kriegerdenkmal zu diesem Krieg. Die Opfer des Zweiten Weltkrieges, für die am Kriegerdenkmal nachträglich eine Gedenktafel angebracht worden ist,  sind mir zahlenmäßig nicht bekannt. In Neukirchen gibt es für alle drei Kriege eine namentliche Aufstellung. Waren es 1870/71 drei Opfer, so stieg die Zahl im Ersten Weltkrieg auf 23 Väter und Söhne und im Zweiten Weltkrieg wurden 55 Männer sinnlos geopfert. Auch für Bieberstein wäre zu überlegen, so wie in Neukirchen,  eine Gedenktafel für die gefallenen und vermissten Soldaten des Zweiten Weltkrieges zu erstellen – nicht zur Heldenverehrung, sondern zum Gedenken an die heimatlichen Kriegsopfer und zur Mahnung.

Kriegerdenkmal Bieberstein 1.Weltkrieg

Nun zur Entstehungsgeschichte des Biebersteiner Kriegerdenkmals, das wie Kirche und Rittergutsbereich auf der Sächsischen Denkmalliste steht. 1919 hat sich aus dem Ausschuss für Kriegshilfe der Ausschuss zur Ehrung der gefallenen Krieger konstituiert. Vorsitzender war der Ortspfarrer O. Dinter und Schatzmeister Tischlermeister Dietze. Nach anfänglichen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob in jedem Ortsteil der Kirchgemeinde ein Kriegerdenkmal errichtet werden soll, hat man sich letztlich darüber geeinigt, ein ansprechendes Denkmal für alle Ortsteile an exponierter Stelle auf dem Biebersteiner Friedhof zu errichten. Die Baukosten betrugen ca. 20.000 Reichsmark, die ausschließlich durch Spenden und Benefizveranstaltungen aufgebracht wurden. Das war eine beachtliche Leistung der Biebersteiner Gemeinde, da zur gleichen Zeit Spendensammlungen für zwei neue Kirchenglocken mit einem Kostenaufwand von ca. 50.000 Mark stattfanden. Das monumentale Kriegerdenkmal mit seiner Stufenanlage und den vier korinthischen Säulen ist wohl aus Rochlitzer Porphyr gefertigt, einem oft verwendeten und relativ nahe gelegenen Denkmalgestein. Die Denkmalweihe erfolgte am 14.Mai 1922, also etwa vier Monate vor der Glockenweihe im September. An der feierlichen Einweihung nahmen Gesangs- und Militärvereine  von Großvoigtsberg, Obergruna, Reinsberg, Hohentanne, Bieberstein und Burkersdorf teil. Der Festzug erfolgte vom Gasthof in Burkerdorf nach Bieberstein, angeführt von den Schulen aus Bieberstein, Burkerdorf und Hohentanne. Die Weiherede2 ist von Vaterlandstreue und Deutschlands Schmach und Schande3 geprägt , einer Ideologie, die letztlich wieder zu einem Krieg, dem Zweiten Weltkrieg, führte. Möge das und weitere  Kriegerdenkmale uns und den kommenden Generationen für immer erspart bleiben.

   Soldatengrabmal 2.Weltkrieg

Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang auch das Soldatengrab von sieben deutschen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg noch in den letzten Kriegstagen im Raum Bieberstein umgekommen sind. Das Grab befindet sich in der Nähe des Kriegerdenkmals. Der Grabstein wurde vermutlich 1956 aufgestellt und steht ebenfalls auf der Denkmalliste von Bieberstein.

Anmerkungen

1 Freiberg(Friberch) und Frauenstein(Vrovnsten) werden beide urkundlich das erste Mal in einer Urkunde vom 11.Juni 1218 erwähnt, weshalb der Festakt für Freiberg auch am 11.Juni 2018 in der Nikolaikirche stattfand. Die Erstnennung von Bieberstein(Biverstein) erfolgte in einer anderen Urkunde etwas früher am 8.Januar 1218. Quelle: ISVG: Codex Diplomaticus Saxoniae I-3;  Nr. 247 bzw. Nr.249.

2 vollständiger Text in „Heimatbote“ von 1922, Nr.15.

3 gemeint ist sicher der Versailler Vertrag von 1919.

Achim Berger

Fotos (vom Verfasser)