Kirche von Bieberstein

vom Ortschronisten Achim Berger

Die Erbauung der Dorfkirche von Bieberstein liegt im Dunkeln. Eine erste verbindliche Nachricht zum Kirchengebäude finden wir 1648 im Standregister der Kirche. Davor liegende eigene kirchliche Aufzeichnungen von Bieberstein sind wie auch die Kirchenbücher (diese gibt es erst wieder ab 1644) in den Wirren des 30-jährigen Krieges fast alle vernichtet worden. Von 1648 erfahren wir, dass das Kirchengestühl, das gleichfalls auch in diesem Krieg zerstört worden war, erneuert werden musste.

Blick von der Schule in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts

Es wird vermutet, dass unsere Kirche, so wie wir sie jetzt kennen, noch in der Zeit des Papsttums, also vor der Reformation,  um 1500 entstanden ist. Vielleicht ist das Datum von 1475 auf unserer alten Hilliger-Glocke ein Hinweis auf die Erbauungszeit. Unsere jetzige Kirche hat aber auch mit großer Wahrscheinlichkeit noch eine Vorgängerin gehabt, da mit den Ortsgründungen in unserer Gegend um 1150 neben den Burgen und Rittergutshäusern als Besiedlungskern auch bald Kapellen oder Kirchen gebaut wurden, was z.B. für Hirschfeld (1214) und Neukirchen (1218) nachgewiesen ist, denn die Besiedlung unseres Raumes war von Anfang an christlich geprägt. Die Einbeziehung älterer Bauteile, wie der Eingang der inneren Sakristeitür  aus der Zeit der Spätgotik (um 1350), sprechen für einen solchen Vorgängerbau. Auch wird wiederholt berichtet, dass die Hilligerglocke von 1475 umgegossen wurde, also eine Vorgängerin hatte, und dass die alte mittlere Glocke, die leider im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen wurde, wohl noch wesentlich älter war (ältere Glockenform, keine Verzierungen). Die erste Erwähnung einer Kirche von Bieberstein gibt es 1344 in externen Kirchenunterlagen. Damals unterstand sie dem Erzpriester von Wilsdruff  und der wiederum dem Bischof von Meißen. Diese Vorgeschichte zu unserer Kirche seit der Ortsgründung bis zum 30-jährigen Krieg kann vielleicht durch ein intensives Studium überregionaler Aufzeichnungen noch weiter aufgehellt werden.

Auf eine ausführliche Beschreibung des Kirchengebäudes und seiner inneren Ausstattung soll hier verzichtet werden. Der interessierte Leser kann sich darüber z.B. in „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler in Sachsen“ von C. Gurlitt, 1923 kundig machen. Hier soll nur zusammenfassend bzw. ergänzend auf einige interessante Aspekte unserer  Kirchengeschichte eingegangen werden.


Bild 1: Ansicht Bieberstein mit Kirche und Pfarrhaus von 1925

Wesentlichen Einfluss auf die Erneuerung und die innere Ausstattung der Kirche hatte seit 1676 Gotthelf Friedrich von Schönberg (1631-1708), der zu dieser Zeit schon hoher Bediensteter am Dresdner Hof war, und sich so offenbar veranlasst sah, das An- und Aussehen seiner Patronatskirche in Bieberstein auf ein vorzeigbares Niveau anzuheben. Auf seine Veranlassung und auch mit wesentlicher Kostenübernahme  werden 1676 nachhaltige in- und auswendige Erneuerungen durchgeführt. Die bisherigen Schindeln wurden durch ein Ziegeldach ersetzt. 1679 folgten ein neuer, der noch heute erhaltene Altaraufsatz und der Einbau einer kleinen Orgel, die aber schon 1688 wieder ersetzt werden musste. Die jetzige Orgel stammt aus dem Jahre 1831. Namentlich sichtbar haben sich die von Schönbergs auch entsprechend verewigt: 1679 Gotthelf Friedrich von Schönberg (GFvS) mit einer Inschrift auf der Predella (Aufsatzsockel) des Altars, auf der Wetterfahne mit CVS 1724 für Caspar von Schönberg (Sohn von GFvS) und am Buchbrett der Kanzel mit MFVS 1743 für Moritz Friedrich von Schönberg (Enkel von GFvS). Die Kanzel wurde bekanntlich aus einem einzigen Lindenstamm gefertigt, der am Berg zwischen Pfarrhaus und Schmiede stand. Das künstlerisch wertvollste Stück ist wohl der aus zwei Sandsteinblöcken gefertigte, schön bemalte Taufstein. Er wurde 1580 von einer Barbara Christoph Marschalgin gestiftet, der Frau von Christoff Marschall auf Oberbieberstein. Dieser starb 1597 und war der letzte der Marschälle , die etwa 200 Jahre in Bieberstein regiert haben. Historisch interessant sind auch die alten Grabplatten insbesondere von ehemaligen Gutsbesitzern und Pfarrern, die sich vorwiegend an den Außenwänden der Kirche befinden und nicht mehr alle zu entziffern sind. Die älteste ist wohl die des Christoph Marschall von Bieberstein von 1525.


Bild 2: Innenansicht der Kirche Bieberstein von 1914

Alle 15 Pfarrer von Bieberstein seit Einführung der Reformation 1539 in unserer Region sind namentlich und mit Dienstzeit bekannt. Der erste von ihnen, Ambrosius Fischer aus Joachimsthal, wurde 1555 wegen  „Unvermöglichkeit“ wieder entlassen. Der letzte Pfarrer in Bieberstein war bis Mitte 1926 K.O.J.Dinter, dem wir auch viele Aufzeichnungen zur Kirchen- und Ortsgeschichte verdanken. Zur Kirchgemeinde gehörten bis dahin die Orte Bieberstein, Burkersdorf, Gotthelffriedrichsgrund und Hohentanne. Ab 1926 wurde die Gemeinde vom Reinsberger Pfarrer, damals C.H. Bassenge, bis 1950 mit betreut. Seit 1703 konnten die Pfarrer das fertiggestellte Pfarrhaus bewohnen, bei dessen Bau auch Abbruchmaterial des aufgelösten Klosters Altzella verwendet wurde.  Auf der Postkarte mit der Innenansicht der Kirche kann man noch die zwei Emporen erkennen, die 1840 nachträglich eingebaut wurden.  Zum Erntedankfest war ich mit meinem Vater immer auf der zweiten Empore links. Die oberen Emporen wurden 1972 wieder entfernt, was der Helligkeit und der  Orgel optisch und akustisch zugute kam.

Abschließend soll noch festgestellt werden, dass unsere Kirche über Jahrhunderte durch das Engagement  der Gemeindemitglieder und Einwohner und mehr oder weniger der übergeordneten Stellen erhalten werden konnte und  gemeinsam mit dem Schloss das Wahrzeichen von Bieberstein ist. Möge das auch für weitere Jahrhunderte so sein, damit das alte, uns vertraute Dorfensemble  noch lange für die Nachwelt erhalten bleibt.

Achim Berger

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